pressemitteilung vom 20.8.90

Irren-Offensive zum Konzept des Vereins zum Schutz vor psychiatrischer Gewalt für ein Weglaufhaus:

Die Irren-Offensive steht heute mehrheitlich nicht mehr hinter dem Konzept, das vom Verein zum Schutz vor psychiatrischer Gewalt für ein Weglaufhaus ausgearbeitet und dem Senat vorgelegt wurde. Es bestehen krasse Gegensätze in fundamentalen Vorstellungen.

Die Irren-Offensive wünscht, daß jedes von ihr mitgetragene oder auch nur in der Öffentlichkeit unterstützte Weglaufhaus von der Idee der Selbsthilfe geprägt ist, weil es nur dadurch eine wirkliche Alternative bietet für die Menschen, die an ihre Fähigkeiten glauben, und die über ihren Benutzerstatus hinaus eine Zukunftsperspektive suchen. Die Selbst- und Mitbestimmungsrechte der Bewohnerinnen im Konzept sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen. Sie verkommen zur Alibifunktion für mitarbeitende Psychologen, Sozialarbeiter und Pädagogen. Das Konzept hat sich nicht lösen können von den konventionellen Strukturen des schon existierenden Angebots im psycho-sozialen Bereich.

Das heute hier so deutlich zu sagen, dokumentiert nur den schmerzlichen Erkenntnisprozeß, der durch unannehmbare Kompromisse und Neudefinition der Ziele sich äußern mußte, als klare Ablehnung des Konzepts von der Mehrheit der Irren-Offensive.

Die Irren-Offensive anstelle dessen, wagt es noch ihre "Utopie" zu pflegen, die sich über Jahre entwickelt hat und auch in den Heften der Irren-Offensive formuliert wurde.

Vertreter des Senats bekundeten in einem Gespräch mit Mitgliedern der Irren-Offensive die Bereitschaft, ein Weglaufhaus mit reinem Selbsthilfecharakter finanziell abzusichern. Dieses Entgegenkommen wurde vom Verein zum Schutz vor psychiatrischer Gewalt nicht aufgegriffen.

Die Irren-Offensive erwägt nun ein eigenes, weniger kostenintensives Projekt konzeptionell auszuarbeiten, das eine notwendige, von unzähligen Betroffenen gewünschte Alternative darstellt.

Das Plenum der Irren-Offensive vom 20. August 1990

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