Die Irren-Offensive Nr. 10

Irren-Offensive Weltspitze!

Eine kühne Behauptung, die der Erklärung bedarf: im Mai 1998 während des Foucault Tribunals bahnte sich ein konzeptioneller Bruch an – auf den Vorschlag von Kate Millett und Hagai Aviel sollte der Maßstab für das Urteil der Jury die UN Menschenrechtserklärung vom 10.12.1948 sein. Entsprechend feierten wir die ersten 1000 Unterstützungs-Unterschriften zum Urteil am 50ten Jahrestag dieser Erklärung und benannten die Karl Bonhoeffer Nervenklinik in Lady Diana Clinic um. In dieser Nacht verschwand merkwürdigerweise auch die Bonhoeffer Büste vom Gelände der KaBoEn (die Irren-Offensive berichtete).

1999 hatte unsere Freedom from Fear Tour wiederum einen unmittelbaren Bezug zu dieser Erklärung. Im April 2000 besuchten Hagai und ich das Menschenrechtsreferat bei der UN in New York und machten dort den Vorschlag eines Grußwortes der UN Hochkommissarin für Menschenrechte, Mary Robinson, zur Eröffnung unserer "Freedom of Thought" Konferenz 2001, die wiederum die UN Menschenrechtserklärung, diesmal den Artikel 18, zum Titel hatte. Sie kam unserer Bitte nach.

Im Frühjahr dieses Jahres entwarf Hagai den Text - ins Deutsche übersetzt ist er nun Teil der Satzung der Irren-Offensive und auf der folgenden Seite wiedergegeben - eines Human Rights Statement, das bei der im Juli 01 geplanten Gründung eines "World Network of Users and Surviors of Psychiatry" (WNUSP) in Vancouver konstituierend die Richtung dieser Organisation hätte festlegen können. Diese Erklärung wurde zwar vorher von einer Reihe von Personen unterstützt, die auch in Vancouver dabei waren, aber deren Unterstützung entpuppte sich als legitimatorisch und letztlich, wie WNUSP, als völlig "Mental Health" fixiert. WNUSP hat sich in der Gründungsphase als ein von der World Federation of Mental Health initiiertes und auf Compliance orientiertes Gremium erwiesen. Die Bemühungen zu vermeiden, daß irgendeine Human Rights Erklärung in der Satzung verankert wurde, eskalierten sogar so weit, daß die Versammlungsleitung die Abstimmung über einen Antrag verweigerte, demzufolge eine Überarbeitung oder eine andere Erklärung hätte beschlossen werden können. Der Gipfel des Ganzen: ich wurde gebeten den Saal zu verlassen. Eine Menschenrechtserklärung in der Satzung, das mußte verhindert werden, denn sonst wären doch die Psychiater und ihre "Mental Health" Kollaborateure mit den "Users and Survivors" unzufrieden gewesen, hätten womöglich die "Kreditwürdigkeit" dieser WNUSP in Zweifel gezogen. Lächerlicher als dieser Verein kann man sich nicht mehr machen.
Er hat sich genau in der psychiatrischen Falle verfangen, die das Mentale/Seele zu einem Problem von "Health" machen will, damit von "Krankheit", die letztendlich der Expertenmeinung von Ärzten anheimfällt und in der WHO (World Health Organization) verhandelt wird. Ein kategorialer Fehler!

Was jemand mit seinem Arzt verhandeln will, soll jedem sein individuelles Vergnügen sein, aber wenn jemand willkürlich wegen "Gefährlichkeit" eingesperrt wird, also der Nazi Begriff "Schutzhaft" die Situation am treffendsten wiedergibt, dann ist das eine rechtliche, menschenrechtliche Frage, muß also innerhalb der UN Menschenrechtskommission zum Thema gemacht werden! Aber offensichtlich war die überwiegende Mehrheit der Betroffenen-Funktionäre von den Psychiatern schon so weit kolonialisiert, daß sie nur noch auf deren Segnung hinarbeiten konnten, die Ihnen dann auch prompt bei einem Treffen mit dem WFMH Direktorium gewährt wurde.

Tatsächlich hatte Hagai´s und mein Antrag die Wirkung, daß sich WNUSP nach seiner Gründung noch dazu verstiegen hat, einer Human Rights Resolution von ´94 zuzustimmen – also seit ´94 die WFMH diesen WNUSP Compliance Club fördert und man nichts dazugelernt hat – in der, man höre und staune, u.a. als "Human Right" gefordert wird, daß man nicht überdosiert wird!!! Wenn so eine Forderung aufgestellt wird, kann sie nur bedeuten, daß man das psychiatrische (Zwangs)dispositiv als konstituierend akzeptiert hat, und seinen Forderungshorizont auf eine "Verbesserung" dieses Zwangsystem begrenzt - also z.B. weichere Gurte bei der Fixierung; Zwangsbehandlung ja, aber bitte nicht "überdosiert". Mit dieser Erklärung hat sich WNUSP zum Agenten der Zwangspsychiatrie gemacht und alle weiteren "Forderungen" der Resolution können nur legitimatorischen Charakter haben, sie werden sowieso in der Schublade verschwinden, für die sie entworfen und aus der sie bei dieser Gelegenheit gezogen wurde. WNUSP trifft sich wieder beim nächsten WFMH Kongress und spielt die Begleitmusik für deren Folterorchester.
Da nun ein "Argument" unserer "Freunde" war, daß wir doch erst mal selbst in unseren Satzungen solch eine Menschenrechtserklärung haben müssten, bevor wir diese Forderung an eine WNUSP Gründungsversammlung stellen könnten, haben wir nach dem Scheitern unserer Bemühungen in Vancouver diesen Gedanken mit Freude aufgegriffen und die Satzung der Irren-Offensive entsprechend ergänzt, unsere israelischen Freunde werden sicherlich folgen, aber im Augenblick hat sich die 21 jährige Irren-Offensive zur Sitze der Entwicklung gemacht.

René Talbot

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